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HSI-Schriftenreihe

Rechtsfragen und rechtspolitische Überlegungen: Die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht

"Whistleblower" melden Rechtsverstöße und Missstände. Im deutschen Recht fehlt bisher ein hinreichend schutzintensives Whistleblowing-Recht. Doch Ende 2019 ist die sog. Whistleblower-Richtlinie (EU) 2019/1937 in Kraft getreten und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, die Vorgaben im Wesentlichen bis Ende 2021 umzusetzen. Ziel der neuen Richtlinie ist die Stärkung des individuellen Schutzes von Whistleblowern und der institutionellen Rahmenbedingungen von Meldungen. Die rechtspolitische Debatte für die Umsetzung der Vorgaben ins deutsche Recht ist bereits in vollem Gange. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet dieses Gutachten, das durch den DGB in Auftrag gegeben wurde.
Das Autorenteam erläutert ausführlich die Vorgaben der Richtlinie und den sich daraus ergebenden Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers vor dem Hintergrund bestehender Regelungslücken im deutschen Recht. Mit über 50 Auslegungshinweisen und Empfehlungen für die Umsetzung der Richtlinie schließt das Gutachten ab.
Zu den aus arbeitsrechtlicher Sicht entscheidenden Hinweisen des Autorenteams gehören u.a. wichtige Vorschläge wie den sachlichen Anwendungsbereich im Wege einer Generalklausel auch auf nationale Sachverhalte zu erstrecken und zusätzlich einen Auffangtatbestand für die Meldung erheblicher Missstände zu schaffen, an deren Offenlegung ein öffentliches Interesse besteht. Zudem sollte der Schutz von Whistleblowern antidiskriminierungsrechtlich ausgestaltet werden und rechtsübergreifend - insbesondere auch im Kündigungsschutz - Schutz vor Repressalien bieten. Das bestehende arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot reicht hierfür nicht aus. Zu einer effektiven Umsetzung gehören außerdem, so die Analyse, auch ein direktes externes Melderecht, ein kohärenter Gutglaubensmaßstab und eine effektive Beweislastumkehr. Gesetzlich garantierte Vertraulichkeit ist eine ausdrückliche Vorgabe der Richtlinie. Für Aufsichtsräte sollte ein vorstandsunabhängiger Meldekanal geschaffen werden. Aus der Richtlinie ergibt sich insoweit auch Anpassungsbedarf der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten für Aufsichtsräte. Zudem sollte sichergestellt werden, dass anonyme Meldungen durch interne sowie 6 externe Stellen weiterverfolgt werden. Um die Vorgaben der Richtlinie rechtssicher und effektiv umzusetzen, empfiehlt das Autorenteam schließlich die Schaffung eines eigenständigen Whistleblower-Gesetzes.

Quelle

Colneric, Ninon; Gerdemann, Simon: Die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht
HSI-Schriftenreihe, Frankfurt am Main, ISBN: 978-3-7663-7058-7, 189 Seiten

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