zurück
Key Visual HSI Arbeitsrechtsgeschichte

: Die Geschichte des Arbeits- und Sozialrechts

Das Hugo Sinzheimer Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreibt und fördert Forschung zur Entstehungsgeschichte des Sozialen Rechts, im Sinne von Hugo Sinzheimer verstanden als die Rechtsbeziehungen, die die Erbringung abhängiger Arbeit betreffen.

 

Initiative Arbeitsrechtsgeschichte

Die Initiative Arbeitsrechtsgeschichte ist ein hervorgehobener Arbeitszusammenhang des HSI auf dem Gebiet der Rechtsgeschichte. Das HSI und das Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie (MPI) haben sich Anfang 2015 auf gemeinsame Aktivitäten zur Förderung der Geschichte des Arbeitsrechts verständigt. Seit Sommer 2023 kooperiert auch die University of Frankfurt in der Initiative. Diese Einrichtungen sind für die Zusammenarbeit aus ihrem jeweiligen Selbstverständnis sowie ihren Arbeitsschwerpunkten geradezu prädestiniert, gefördert durch die räumliche Nähe am rechtshistorisch bedeutsamen Standort Frankfurt am Main.

Die arbeits- und sozialrechtliche Regulierung von Erwerbsarbeit bietet über die historische Herausbildung der verschiedenen Formen rechtlich verfasster kollektiver Selbst- und Mitbestimmung im Spannungsfeld zwischen Zivilrecht, kollektiver Selbstbestimmung und öffentlichem Recht sowie der unterschiedlichen normativen Schichten (staatliches, nationales und supranationales Recht, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge) breiten Raum für rechtswissenschaftliche Forschung. Die Geschichte des Arbeitsrechts steht dabei in einem engen Verhältnis zu Erfolgen und Misserfolgen der organisierten Interessenvertretungen im Zusammenspiel mit dem Staat.

Das HSI hat es sich neben einem Beitrag zu wissenschaftlichen Durchdringung einer Geschichte des Rechts der Arbeit zum Ziel gesetzt, den wechselseitigen Wissenstransfer zwischen rechtshistorischer Grundlagenforschung und der arbeits- und sozialwissenschaftlichen Praxis zu fördern.

Die Projektleitung haben Prof. Dr. Thorsten Keiser (Universität Gießen), Gerd Bender (MPI) sowie Prof. Dr. Daniel Hlava (University of Frankfurt) inne.

 

Die Kooperation zur Rechtsgeschichte erfolgt auf folgenden Feldern:

Die Initiative Arbeitsrechtsgeschichte hat einen gemeinsamen Arbeitskreis eingerichtet, der zweimal jährlich (nicht öffentlich) tagt. Er dient der Bilanz der Arbeitsrechtsgeschichte, diskutiert wichtige Neuerscheinungen, greift Impulse der Nachbarwissenschaften auf, insbesondere der Industriesoziologie und der politischen Soziologie, und reflektiert neue Fragestellungen, die sich aus politischen Programmen, Legislationen und Gerichtsentscheidungen für die Arbeitsrechtsgeschichte ergeben können.

Einmal im Jahr veranstaltet die Initiative in Frankfurt am Main eine Tagung zu einem umfassenderen Thema der Arbeitsrechtsgeschichte. Hierbei standen bislang folgende Themen im Fokus:

  • 1. Jahrestagung "Nationale Sozialpartnervereinbarungen zur Arbeitsverfassung" am 11.12.2015
  • 2. Jahrestagung "Arbeitsverfassungen im ersten Weltkrieg" am 02.12.2016
  • 3. Jahrestagung "Arbeitsrechtsgeschichte der EU" am 08.12.2017
  • 4. Jahrestagung "Historizität des Richterrechts" am 07.12.2018
  • 5. Jahrestagung „Die Rechtsgeschichte des Angestelltenverhältnisses“ am 06.12.2019
  • 6. Jahrestagung „Geschichte der Betriebsverfassung“ am 18.06.2021
  • 7. Jahrestagung „Zwischen Zunft und Obrigkeit – Rechtsfragen vormoderner Arbeitsverhältnisse“ am 09.12.2022

Die in der Kooperation entwickelten und von den Kooperationspartnern getragenen Vortragsreihe bietet in den Jahren 2022 bis 2024 Raum für Vorträge herausragender Wissenschaftler*innen und den wissenschaftlichen Austausch. Bisher haben folgende Vortragsveranstaltungen stattgefunden:

Prof. Dr. Philip Manow, Universität Bremen: Social Protection, Capitalist Production: Der Sozialstaat und die Entstehung eines koordinierten Kapitalismus in Deutschland, 1880-1960

Prof. Dr. Hedwig Richter, Universität der Bundeswehr München: Soziale Inklusion. Überlegungen zur Demokratiegeschichte des 19. Jahrhundert

Prof. Dr. Stephan Rixen, Sozialisierung selbständiger Arbeit: „Kassenarztrecht“ als Intervention des Weimarer Wohlfahrtsstaates

Die Einladungen für künftige Vorträge werden u.a. über den Newsletter „HSI Aktuell“ verschickt.

Der Vortragsreihe liegt folgendes inhaltliches Konzept zu Grunde:

Das Arbeits- und Sozialrecht der Industriegesellschaft ist ein multinormatives Feld par excellence. Der Staat wandelt sich zum sozial- und wirtschaftspolitischen Interventionsstaat. Gleichzeitig gewinnen aber auch nichtstaatliche Normen und Akteure an Bedeutung. „Seither interveniert der Staat in die Gesellschaft, vor allem durch seine ständig tätige Gesetzgebung. Aber die Gesellschaft interveniert in gleicher Weise in den Staat. Sie bedient sich dabei der Parteien und der auf Interessenwahrung ausgerichteten Verbände“, wie Michael Stolleis in seinem Buch „Konstitution und Intervention“ von 2001 formulierte. Aller Konfrontation zwischen Staat und Gewerkschaften in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg zum Trotz, trat der Antagonismus zwischen Staat und Verbänden bald zunehmend in den Hintergrund. Der Staat, der die Verantwortung für Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu tragen hatte, profitierte von der Entlastung durch die weit in hoheitliche Bereiche ausstrahlende Tätigkeit der Verbände. Damit ist diese neue normative Ordnung zugleich auch ein großer Impetus für „nichtstaatliche Normativität.“ Neben staatliche Normsetzung tritt „private Gesetzgebung“ durch Kollektivverträge, sei es durch die Tarifverträge, sei es durch Betriebsvereinbarungen. In vielen Ländern, gerade auch in Deutschland, blieb diese Regulierung aber wiederum nicht staatsfrei im Sinne einer emphatischen Autonomie. Die Bildung des ‚Sozialen Rechts‘ unterlag schon früh der Steuerung des Interventionsstaats, der das Verhandlungssystem mit ‚kollektivem Arbeitsrecht‘ kontrollieren und in die staatliche Arbeits- und Sozialpolitik integrieren will.

Die Vortragsreihe beleuchtet die Historizität dieser komplexen Ordnung anhand ausgewählter Themenstellungen. Sie ist multidisziplinär ausgerichtet. Es werden historische, arbeitsrechts-wissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Beiträge zur Diskussion gestellt. Die Reihe ist in das Kooperationsprojekt „Initiative Arbeitsrechtsgeschichte“ integriert. Die „Initiative“ wurde 2015 vom Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte (heute Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie) und dem Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) gegründet. Gegenstand dieser Kooperation ist nicht zuletzt auch die Förderung der Forschungen zur Multinormativität und des Wissenstransfers zwischen Grundlagen-forschung und geltendem Recht auf dem Feld des Arbeitsrechts. Neben der Jahrestagung besteht ein fester Arbeitskreis, der rechtswissenschaftliche Grundlagenforscher, Verbandsvertreter und Praktiker des Arbeitsrechts zusammenführt. Die Vortragsreihe „Interventionsstaat und Soziales Recht“ erinnert dabei auch an einen Interessenschwerpunkt des 2021 verstorbenen Rechtshistorikers Michael Stolleis, der die Tätigkeit des Arbeitskreises unterstützt und begleitet hat.

Rubrik „Arbeit und Rechtsgeschichte" in der Zeitschrift "Arbeit und Recht"

Das Hugo Sinzheimer Institut unterstützt das arbeitsrechtshistorische Publikationsprojekt der Zeitschrift „Arbeit und Recht“ (AuR). In der 2015 ins Leben gerufenen Rubrik "Arbeit und Rechtsgeschichte" werden im zweimonatigen Rhythmus Beiträge zu historischen Persönlichkeiten und Entwicklungen veröffentlicht, die die Geschichte des Arbeitsrechts geprägt haben. Die AuR möchte damit einen Blick über den Tellerrand wagen und geschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge darstellen, um das Arbeitsrecht der Gegenwart besser verstehen zu können. Die bewusst kurz gehaltenen Beiträge werden von namhaften Historikerinnen und Historikern sowie Juristinnen und Juristen verfasst.

Bislang sind folgende Beiträge in der Rubrik "Arbeit und Rechtsgeschichte" erschienen: (…)

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen